Gesetzliche Grundlage
Nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist ein Arbeitgeber verpflichtet, bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen.
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
Voraussetzungen
Dazu ein Beispiel aus der Rechtsprechung:
Wenn ein Arbeitgeber einen männlichen Bewerber für eine angebotene Tätigkeit mit der Begründung ablehnt, die Tätigkeit sei wegen der „kleinen filigranen Teile eher etwas für flinke Frauenhände“, dann kann darin eine geschlechtsspezifische Benachteiligung liegen.
In dieser Begründung erkannte das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Urteil vom 13.12.2022, Az.: 7 Sa 168/22) eine entschädigungsbegründende Indiztatsache gemäß § 22 AGG. In diesem Fall liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung wegen des Geschlechts stattgefunden hat, beim Arbeitgeber. Gelingt dem Arbeitgeber dieser Beweis nicht, hat der benachteiligte Arbeitnehmer einen Entschädigungsanspruch.
Die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs darf allerdings nicht rechtsmissbräuchlich sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber dem Entschädigungsverlangen des Bewerbers den Einwand des Rechtsmissbrauches nach § 242 BGB entgegenhalten. Rechtsmissbrauch ist anzunehmen, sofern der Bewerber sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum ging, nur den formalen Status als Bewerber im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Ansprüche auf Entschädigung und/oder Schadensersatz geltend zu machen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen, die den – rechtshindernden – Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, trägt nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast derjenige, der diesen Einwand geltend macht (vgl. BAG, Urteil vom 25.10.2018, Az.: 8 AZR 562/16).
Der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG kommt eine Doppelfunktion zu. Sie dient einerseits der vollen Schadenskompensation und andererseits der Prävention, wobei jeweils der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss die Härte der Sanktionen der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Sie muss auf jeden Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen. Eine rein symbolische Entschädigung wird den Erfordernissen einer wirksamen Umsetzung der Richtlinien nicht gerecht. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 19.08.2010, Az.: 8 AZR 530/09) etwa
- die Art und Schwere der Benachteiligung,
- ihre Dauer und Folgen,
- der Anlass und der Beweggrund des Handelns,
- der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers,
- etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und
- das Vorliegen eines Wiederholungsfalles.
Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, so dass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist.
Für den Sonderfall der Nichteinstellung ist die Grenze des § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zu beachten. Die Grenze des § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ist als Kappungsgrenze zu verstehen. Es ist in einem ersten Schritt die Höhe einer angemessenen und der Höhe nach nicht begrenzten Entschädigung für die Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Benachteiligten zu ermitteln. In einem zweiten Schritt ist die so gefundene Entschädigung, wenn sie drei Monatsgehälter übersteigt, zu kappen (vgl. BAG, Urteil vom 19.08.2010, Az.: 8 AZR 530/09; BAG, Urteil vom 19.12.2019, Az.: 8 AZR 2/19).
Kein Einstellungsanspruch
Zu beachten ist, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das gesetzliche Benachteiligungsverbot gemäß § 15 Abs. 6 AGG keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg begründet, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
Fristen beachten!
Der Anspruch auf Schadensersatz oder Geldentschädigung wegen einer nach dem AGG verbotenen Diskriminierung muss gemäß § 15 Abs. 4 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, aus einem Tarifvertrag ergibt sich etwas anderes. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt ,in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
Sie sind betroffen?
Nach einem ersten anwaltlichen Beratungsgespräch entscheiden Sie schneller, welche Schritte für Sie zielführend und wirtschaftlich sinnvoll sind. Die Frage, welche Vorgehensweise sinnvoll ist, hängt von den individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls ab und kann in einem ersten Beratungsgespräch geklärt werden. Sie erreichen uns unter der Rufnummer 05451/9360780. Oder hinterlassen Sie hier Ihre Kontaktdaten. Dann vereinbaren wir umgehend einen Gesprächstermin mit Ihnen.
Gang des Gerichtsverfahrens
Nach Erhebung einer Entschädigungsklage wird das Arbeitsgericht zunächst einen Termin zur Güteverhandlung ansetzen. Die Güteverhandlung dient allein dem Versuch, die Parteien zu einer einvernehmlichen Beendigung des Rechtsstreits zu bewegen. Es wird also lediglich die Angelegenheit erörtert und seitens des Gerichts versucht, den Rechtsstreit im Wege eines Vergleichs zu beenden. Sofern keine Einigung erzielt werden kann, wird im Rahmen der streitigen Auseinandersetzung nach wechselseitigen Schriftsätzen noch ein weiterer Termin zur sog. Kammerverhandlung stattfinden. Erst danach wird ein Urteil verkündet.
Kosten
Bereits im ersten Beratungsgespräch informieren wir Sie über entstehende Kosten. Das schafft Transparenz und Sicherheit, weil Sie wissen, was auf Sie zukommt.
Gerichtskosten in arbeitsgerichtlichen Verfahren sind geringer als diejenigen in amts- und landgerichtlichen Verfahren. Ein Gerichtskostenvorschuss ist nicht zu leisten. In vielen Fällen entfallen die Gerichtskosten vollkommen, z. B. wenn ein Vergleich abgeschlossen wird.
Nach § 12 a des Kündigungsschutzgesetzes hat jede Partei in der ersten Instanz entstehenden Kosten der eigenen anwaltlichen Vertretung selbst tragen. Sofern Sie rechtsschutzversichert sind, wird Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten für Ihren Anwalt übernehmen. In anderen Fällen haben Sie die entstehenden Rechtsanwaltskosten selbst zu tragen. Dann werden wir im Vorfeld klären, ob eine Kündigungsschutzklage für Sie wirtschaftlich ist. Die Kosten einer anwaltlichen Erstberatung lohnen sich in jedem Fall.
Die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung ist im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelt und richtet sich im Allgemeinen nach dem Gegenstandswert. Alternativ schließen wir mit Ihnen eine Vergütungsvereinbarung.
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