Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Sie haben Post von Staatsanwaltschaft oder Polizei erhalten, in der man Sie der Unfallflucht beschuldigt? Bevor Sie weitere Schritte unternehmen, informieren Sie sich gerne hier über die rechtlichen Voraussetzungen und Ihre Möglichkeiten.

 

Gesetzliche Grundlage

Unfallflucht oder unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, wie es das Gesetz ausdrückt, ist in § 142 des Strafgesetzbuchs (§ 142 StGB) geregelt:

Darin heißt es:

Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

  1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
  2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

  1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
  2. berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

 

Voraussetzungen der Unfallflucht

Der Beschuldigte muss

  • Unfallbeteiligter sein.

Ferner muss es

  • einen Unfall im Straßenverkehr gegeben haben
  • von dem sich der Beschuldigte entfernt haben
  • ohne die Feststellung der genannten Daten ermöglicht zu haben oder
  • ohne eine angemessene Zeit gewartet zu haben.

Die Ermittlungsbehörde muss also nachweisen, dass der Beschuldigte überhaupt am Unfallort gewesen ist. Sofern dieser Nachweis nicht gelingt, führt das bereits zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens.

Fraglich ist in diesem Zusammenhang, was Zeugen aussagen und welche Feststellungen die Polizei getroffen hat.

Hier frühzeitig etwas auszusagen, ohne den Akteninhalt zu kennen, wäre grob fahrlässig. Aus diesem Grund sollte der Beschuldigte schweigen und umgehend einen Rechtsanwalt für Verkehrsrecht mit der Verteidigung beauftragen. Der Anwalt wird Akteneinsicht nehmen. Anschließend kann in Ruhe besprochen werden, welche Verteidigungsstrategie sinnvoll ist.

Entscheidend ist ferner, dass ein Schaden entstanden ist, der vom Beschuldigten bemerkt wurde. Dies kann vor Gericht häufig nur durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen werden. Relevant für eine Strafbarkeit ist auch die Höhe des entstandenen Schadens.

Ab einem bedeutenden Fremdschaden von ca. 1.300,00 € droht nicht nur eine Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Dann ist auch die Fahrerlaubnis in Gefahr. Das ist ein weiterer Grund, den Tatvorwurf der Unfallflucht nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern frühzeitig fachkundige Hilfe bei einem verkehrsrechtlich spezialisierten Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen.

 

Praxistipp:

Nehmen Sie nach Erhalt einer Vorladung zu einer Beschuldigtenvernehmung oder einer Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme keinesfalls selbst Kontakt zur Polizei auf. Als Beschuldigter einer Straftat müssen Sie einer polizeilichen Vorladung nicht Folge leisten. Stattdessen ist es empfehlenswert, unverzüglich einen verkehrsrechtlich spezialisierten Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Verkehrsrecht mit der Vertretung zu beauftragen und über diesen Akteneinsicht zu nehmen.

Aus der Ermittlungsakte ist ersichtlich, warum Ihnen die Straftat vorgeworfen wird, welche Beweismittel zur Verfügung stehen und welcher Schaden entstanden ist.

Erst nach Kenntnis aller Umstände kann geklärt werden, ob und in welcher Form eine Stellungnahme abgegeben wird oder ob es besser ist, zum Tatvorwurf zu schweigen.

Gut zu wissen: Sie müssen als Beschuldigter nicht Ihre Unschuld beweisen. Vielmehr muss die Staatsanwaltschaft Ihre Schuld nachweisen. Deshalb darf Ihnen ein Schweigen auf den Tatvorwurf nicht negativ ausgelegt werden. Es handelt sich um Ihr gutes Recht, im Zweifel nichts zur Sache auszusagen.

 

Kosten

Sofern Sie im Verkehrsrecht rechtsschutzversichert  sind, übernimmt in der Regel Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten Ihres Rechtsanwalts. Sollten Sie allerdings wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort rechtskräftig verurteilt werden, wird Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten von Ihnen zurückverlangen. Der Grund: Für Straftaten, die nur vorsätzlich begangen werden können, gewährt die Rechtsschutzversicherung keine Kostendeckung.

 

Benötigen Sie anwaltliche Hilfe? Gerne steht Ihnen Rechtsanwalt Michael Bargmann für ein individuelles Beratungsgespräch oder die Verteidigung Ihrer verkehrsrechtlichen Straftat zur Verfügung. Rufen Sie uns gerne an unter 05451/9360780 oder nutzen Sie das Kontaktformular. Wir werden uns umgehend mit Ihnen in Verbindung setzen.