Erfolgreiche Durchsetzung von Nutzungsausfallentschädigung nach Verkehrsunfall

Bei einem Verkehrsunfall wurde das Fahrzeug meines Mandanten erheblich beschädigt und war über einen Zeitraum von etwa zwei Monaten nicht nutzbar. Zunächst benötigte die gegnerische Haftpflichtversicherung eine halbe Ewigkeit, um die Haftung dem Grunde nach zu bestätigen. Dann verzögerte sich die Reparatur in der Werkstatt. Während der Haftpflichtversicherer sämtliche übrigen Schadensersatzansprüche regulierte, verweigerte er die Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung.

Das Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen hatte seine eigene Sicht auf die Dinge und wies die Klage in erster Instanz ab. Das Landgericht Dessau-Roßlau sah sich zur Korrektur veranlasst und stellte im Rahmen eines Hinweisbeschlusses (vom 23.10.2025, Az.: 5 S 84/25) klar, dass die Berufung voraussichtlich Erfolg haben dürfte.

Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung

Das Gericht bestätigte, dass ein Geschädigter Anspruch auf Nutzungsausfall hat, wenn das Fahrzeug tatsächlich nicht genutzt werden konnte und er grundsätzlich zur Nutzung bereit war. Die Entschädigung richtet sich nach der erforderlichen Wiederherstellungsdauer, einschließlich Reparaturzeit sowie einer angemessenen Frist zur Schadensfeststellung und Entscheidung.

Keine Pflicht zur Vorfinanzierung

Nach Auffassung des Landgerichts war der Geschädigte nicht verpflichtet, die Reparaturkosten aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren. Die Verantwortung für die Schadensbeseitigung liegt beim Schädiger bzw. dessen Versicherung.
Eine Verzögerung, die durch das Ausbleiben einer Regulierungszusage entsteht, begründet kein Mitverschulden des Geschädigten.

Keine Obliegenheitsverletzung

Das Gericht sah es als nicht erforderlich an, dass der Geschädigte ein Interimsfahrzeug anmietet oder eine „Notreparatur“ durchführt. Auch Verzögerungen durch Gutachtenerstellung oder Reparaturablauf sind nicht dem Geschädigten anzulasten, sofern dieser seiner Mitwirkungspflicht genügt.

Keine Pflicht zur sofortigen Reparatur

Entgegen der Auffassung der Versicherung besteht keine Pflicht, den Reparaturauftrag unverzüglich zu erteilen. Eine gewisse Verzögerung ist zulässig, solange sie nicht gegen Treu und Glauben verstößt. Ein solcher Ausnahmefall lag hier nicht vor.

Fehlerhafte Berechnung der Rechtsanwaltskosten

Nicht zuletzt unterlief dem Amtsgericht noch ein Fehler bei der Berechnung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Es hatte die Nutzungsausfallentschädigung bei der Bemessung der vorgerichtlichen Anwaltskosten nicht berücksichtigt. Das Landgericht erkannte hierin einen Rechtsfehler – ein weiterer Punkt, der die Position des Geschädigten stärkte.

Revision zugelassen

Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kündigte das Landgericht an, die Revision zuzulassen. Im Mittelpunkt steht die grundsätzliche Frage, ob ein Geschädigter die Reparatur abwarten darf, bis eine verbindliche Versicherungszusage vorliegt, ohne dass ihm dies als Mitverschulden angelastet werden kann.

Ergebnis

Offensichtlich hatte die gegnerische Haftpflichtversicherung kein Interesse an einer höchstrichterlichen Entscheidung. Kurz nach Zugang des Hinweisbeschlusses erfolgte die vollständige und vorbehaltlose Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung.