Ersatzfähigkeit von Sachverständigenkosten trotz Kostenvoranschlag

Das Amtsgericht Ibbenbüren hat der Geschädigten eines Verkehrsunfalls die entstandenen Kosten für die Erstellung eines Kfz-Schadengutachtens als Schadensersatz zugesprochen, obwohl bereits zuvor ein Kostenvoranschlag erstellt und dem Versicherer eingereicht worden war.

Hierzu findet das AG Ibbenbüren im Urteil vom 22.06.2015 (Az.: 3 C 26/15) deutliche Worte:

„Die Erforderlichkeit eines Sachverständigengutachtens ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil zum Zeitpunkt der Beauftragung bereits ein Kostenvoranschlag vorlag. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) ist in dem Verhalten der Klägerin nicht zu erblicken.  

[…]

Desweiteren ist zu berücksichtigen, dass ein Kostenvoranschlag nur die an einem Fahrzeug durchzuführenden Reparaturen ausweist. Er trifft jedoch keine Aussage dazu, ob und gegebenenfalls welche der zu reparierenden Schäden auf den Unfall zurückzuführen sind bzw. ob möglicherweise Altschäden vorhanden sind, die es abzugrenzen gilt. Ein Sachverständiger hingegen hat die Aufgabe, in seinem Gutachten gerade auch zu ermitteln, ob und gegebenenfalls welche Schäden unfallbedingt sind und welche nicht. Dies und der ohnehin höhere „Beweiswert“ eines Sachverständigengutachtens sind insbesondere deshalb von großer Bedeutung, weil viele Kfz-Haftpflichtversicherer gerichtsbekannt in der jüngeren Vergangenheit zunehmend Kostenvoranschläge und Schadensabrechnungen zu kürzen versuchen, wobei sie sich zum Teil pauschaler Behauptungen und Vermutungen bedienen, z. B. auch, es lägen Altschäden vor. Nicht zuletzt angesichts dieser Praxis durfte die Klägerin, beraten durch ihren Rechtsanwalt, die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten, obwohl bereits ein Kostenvoranschlag vorlag. Hinzu kommt, dass Kostenvoranschläge, anders als Sachverständigengutachten, keine Aussage zu einer eventuellen Wertminderung treffen. Außerdem ist ein Sachverständiger selbstverständlich eher in der Lage, verdeckte Schäden zu ermitteln, als eine Werkstatt. 

Nach alledem besteht kein Zweifel daran, dass die Klägerin trotz des bereits erstellten Kostenvoranschlags die Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich ansehen durfte.“

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