Bundesarbeitsgericht: Urlaubsabgeltung nach Elternzeit

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 16. April 2024 (Az. 9 AZR 165/23) entschieden, dass eine Arbeitgeberin verpflichtet ist, einer Arbeitnehmerin Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub während Mutterschutzfristen und anschließender Elternzeit zu gewähren, wenn sie das Kürzungsrecht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht rechtzeitig ausgeübt hat.

Hintergrund des Falls:

Die Klägerin war von 2009 bis 2020 als Therapeutin bei der Beklagten beschäftigt. Ab August 2015 befand sie sich aufgrund von Mutterschutzfristen und anschließender Elternzeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im November 2020 durchgehend in einer Arbeitsunterbrechung. Während dieser Zeit nahm sie keinen Urlaub, und die Beklagte erklärte keine Kürzung der Urlaubsansprüche gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte die Klägerin die Abgeltung von 146 Urlaubstagen in Höhe von 24.932,42 Euro brutto.

Kernaussagen des Urteils:

Kürzungsrecht des Arbeitgebers: Das BAG stellte klar, dass das Recht des Arbeitgebers, den Urlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen, nur während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden kann. Nach dessen Beendigung ist eine Kürzung nicht mehr möglich. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte dieses Recht während des Arbeitsverhältnisses nicht wahrgenommen, sodass die Urlaubsansprüche der Klägerin in voller Höhe bestehen blieben.

Berechnung der Urlaubsabgeltung: Die Beklagte argumentierte, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin auf null reduziert sei, da sie in den letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Entgelt erhalten habe. Das BAG widersprach dem und führte aus, dass Zeiten der Elternzeit als unverschuldete Arbeitsversäumnis gelten. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG dürfen solche Zeiten nicht zu einer Minderung des Urlaubsentgelts führen. Daher ist bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung der durchschnittliche Verdienst der Klägerin vor Beginn der Elternzeit heranzuziehen.

Verjährung von Urlaubsansprüchen: Hinsichtlich der Verjährung wies das BAG darauf hin, dass die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB erst mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten zur Gewährung des Urlaubs erfüllt hat. Da die Beklagte dieser Pflicht nicht nachgekommen war, waren die Urlaubsansprüche der Klägerin zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht verjährt.

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