Kein Anspruch auf Mietwagen bei nur unterdurchschnittlicher Nutzung

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 23.01.2018, Az.: 7 U 46/17) noch einmal in Erinnerung gerufen, dass der Geschädigte eines Verkehrsunfalls sich dann kein Ersatzfahrzeug anmieten darf, wenn sein täglicher Fahrbedarf unter 20 km liegt.

Im zugrundeliegenden Rechtsstreit ging es um Mietwagenkosten in Höhe von 1.230,00 € für die Dauer von 11 Tagen. Der 76-jährige Geschädigte legte in dieser Zeit lediglich 239 km zurück, wobei 65 km allein auf die Strecke vom Wohnort des Geschädigten zum Autohaus entfielen. Nach Abzug dieser 65 km verblieb eine tägliche Fahrleistung von 16 km.

Nach Ansicht des OLG Hamm hat der Geschädigte in diesem Fall keinen Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten, weil er gegen die ihm obliegende Schadenminderungspflicht verstoßen hat.

Das OLG Hamm führt hierzu aus: „Der Senat geht davon aus, dass ein tägliches Fahrbedürfnis von weniger als 20 km am Tag einen Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellt (ebenso OLG München, Urteil vom 17. März 1992 – 5 U 6062/91 –, juris, NZV 1992, 362; ähnlich OLG Hamm, Urteil vom 21.Mai 2001 – 6 U 243/00 -, juris, NZV 2002, 82 bei 178 km in 16 Tagen). Allein die tatsächliche Fahrtstrecke ist zwar nicht entscheidend. Es ist anerkannt, dass kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorliegt, wenn der Geschädigte – vorliegend der Kläger – auf die ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 05. Februar 2013 – VI ZR 290/11- juris, NJW 2013, 1149, Burmann, jurisPR-VerkR 8/2013 Anm. 1) oder der Fahrbedarf nicht voraussehbar war (Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 249 BGB Rn. 175). Der insoweit sekundär darlegungsverpflichtete Kläger hat zu diesen Gesichtspunkten aber nichts vorgetragen. Er hat nur vorgetragen, dass ein Taxi für jede Fahrt telefonisch bestellt werden müsse. Dies reicht aber nicht für die Annahme aus, dass der Kläger auf die ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen war. Allein das relativ hohe Alter des Klägers und seiner Frau begründen nicht, dass sie auf eine ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen waren. Eine ständige Verfügbarkeit es PKW für den nicht mehr im Berufsleben stehenden Kläger war bei der vom Schadensgutachter für erforderlich gehaltenen Reparaturdauer von 4 bis 5 Arbeitstagen nicht unbedingt erforderlich. Aufgrund des für den Kläger absehbaren deutlich unterdurchschnittlich geringen Fahrbedarfs hätte er vorab den Preis des Mietfahrzeugs überschlägig erfragen und eine überschlägige Gegenüberstellung zu den voraussichtlichen Taxikosten vornehmen müssen. Dann hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass die Mietwagenkosten von ca. 111 € pro Tag die voraussichtlichen Taxikosten um ein Mehrfaches übersteigen werden. Diese Überlegungen mussten sich für den Kläger auch deswegen aufdrängen, weil die geltend gemachten Mietwagenkosten über ¼ der Reparaturkosten betragen.“

Praxistipp: Die Entscheidung steht im Einklang mit der überwiegenden Rechtsprechung, welche die Erforderlichkeit eines Mietwagens ab einer täglichen Fahrleistung von 20 bis 30 km annimmt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 05.02.2013 (Az.: VI ZR 290/11) entschieden, dass im Einzelfall die Erforderlichkeit eines Mietwagens trotz geringer Fahrleistung bejaht werden kann, wenn der Unfallgeschädigte auf die ständige Verfügbarkeit des Fahrzeugs angewiesen ist. Dazu ist in dem Verfahren vor dem OLG Hamm durch den Geschädigten offensichtlich nichts vorgetragen worden.