Kein Sachmangel bei systembedingten Lücken eines Verkehrszeichenerkennungssystems

Das Landgericht Münster hat mit Urteil vom 11.05.2017 (Az.: 012 O 398/16) entschieden, dass eine nicht lückenlose Erkennung von Verkehrszeichen durch ein kamerabasiertes Verkehrszeichenerkennungssystem in einem Kraftfahrzeug keinen Sachmangel darstellt, der zur Rückabwicklung des Pkw-Kaufvertrages berechtigt.

Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die spätere Klägerin bestellte im Oktober 2015 bei einem Vertragshändler eines deutschen Premiumherstellers ein Neufahrzeug zu einem Kaufpreis von 42.825,00 €. Das Fahrzeug war unter anderem mit einer kamerabasierte Verkehrszeichenerkennung für 299,99 € sowie einem Fahrerinformationssystem mit Farbdisplay für 249,99 € ausgestattet. Die Lieferung erfolgte im Februar 2016.

Bereits kurz nach der Fahrzeugübergabe reklamierte die Klägerin wiederholt die Unzuverlässigkeit des Assistenzsystems. Sie war der Auffassung, dass das System mangelhaft sei, weil es Verkehrszeichen nicht zuverlässig erkenne. Sie begehrte die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Das von der Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN vertretene Autohaus verwies u. a. auf die Aussagen des Herstellers, wonach das System viele Verkehrszeichen erkenne, aber bestimmten Systemgrenzen unterliege und daher nicht lückenlos alle Verkehrszeichen anzeigen könne.

Die Klägerin war damit nicht einverstanden und erhob vor dem Landgericht Münster Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Sie verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug der bisher gefahrenen Kilometer Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Die Beklagte wandte ein, dass zu keinem Zeitpunkt eine lückenlose Verkehrszeichenerkennung zugesichert wurde. Das System unterliege gewissen Grenzen, von denen sämtliche am Markt vorhandenen Fahrzeuge betroffen seien. Ferner habe der Hersteller bereits darüber informiert, dass im Jahr 2018 ein Update eingespielt werde. Das Update verursache im Normalfall Kosten in Höhe von ca. 300,00 €.

Landgericht Münster wie die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages ab. Es hatte bereits erhebliche Zweifel, ob die Nichterkennung einzelner Verkehrszeichen überhaupt zu einer Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs führen könne. Eine Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages sei jedenfalls wegen Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nach § 323 Abs. 5 BGB ausgeschlossen. Die Kosten eines Updates belaufen sich auf ca. 300,00 €. Dieser Betrag liege unterhalb der vom Bundesgerichtshof als Erheblichkeitsgrenze angenommenen 5 % des Kaufpreises (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2014, Az.: VIII ZR 94/13).

Auch die Tatsache, dass ein Update erst im Jahr 2018 zur Verfügung steht, führte zu keiner anderen Entscheidung. Nach Auffassung des Gerichts diene das Verkehrszeichenerkennungssystem lediglich der Unterstützung des Fahrers. Er werde dadurch nicht von jeglicher eigenen Aufmerksamkeit entbunden. Das Fahrzeug sei verkehrstauglich und ohne Einschränkungen fahrbereit. Der Klägerin sei zuzumuten, das Update abzuwarten.