Nach einem Verkehrsunfall kann sich der Geschädigte entscheiden, ob er sein Kraftfahrzeug reparieren lässt und die entstehenden Reparaturkosten konkret als Schadensersatz verlangt oder auf Basis des Kfz-Schadengutachtens fiktiv abrechnet.
In einer aktuellen Unfallsache hat sich der Geschädigte für eine fiktive Abrechnung der bestehenden Schadensersatzansprüche auf Basis des von ihm eingeholten Kfz-Schadengutachtens entschieden.
Im Rahmen der Schadenabrechnung kürzt der Kfz-Versicherer die geltend gemachten Beträge und verweist auf einen sog. „Prüfbericht“ eines einschlägig bekannten Kürzungsdienstleisters. Darin ist u. a. zu lesen, dass die Stundenverrechnungssätze bei Reparatur in einer vom Versicherer genannten Referenzwerkstatt wesentlich geringer seien.
Der Kürzungsdienstleister hat allerdings übersehen, dass er genau auf diejenige Werkstatt verweist, die der vom Geschädigten beauftragte Kfz-Sachverständige ebenfalls zur Grundlage seiner Reparaturkosten-Kalkulation gemacht hat. Eine Nachfrage bei der betroffenen Kfz-Werkstatt ergab, dass der vom Kürzungsdienstleister genannte Stundenverrechnungssatz bereits seit über einem Jahr nicht mehr gilt. Der Versicherer hat also unter Zuhilfenahme eines Prüfdienstleisters auf nicht mehr existente Stundenverrechnungssätze verwiesen. Das kann bei einem unerfahrenen Geschädigten schnell den Irrtum erregen, dass eine Reparatur in der Referenzwerkstatt viel preiswerter wäre und die Kürzung berechtigt ist.
Ob es sich dabei um ein Versehen handelt oder diese Vorgehensweise Methode hat, soll nicht kommentiert werden. Fest steht jedenfalls, dass die Kürzung vollkommen unberechtigt ist und der Geschädigte einen Anspruch auf die in seinem Kfz-Schadengutachten genannten Stundenverrechnungssätze hat.
Praxistipp: In so gut wie jeder Schadenregulierung beziehen sich Kfz-Versicherer auf Prüfberichte externer Dienstleister. Diese Prüfberichte sind mit Vorsicht zu genießen. Geschädigte, die einen Kfz-Schaden selbst regulieren, sollten in jedem Fall prüfen, ob die geltend gemachten Kürzungen berechtigt sind.
Unsere Empfehlung: Direkt nach dem Verkehrsunfall einen Fachanwalt für Verkehrsrecht mit der Schadenregulierung beauftragen.