BGH: Übertragung der Grundsätze zum Werkstattrisiko auf den Sachverständigen (Sachverständigenrisiko)

Urteil vom 12. März 2024 – VI ZR 280/22

Der Bundesgerichtshof hat die mit Urteilen vom 16. Januar 2024 – VI ZR 253/22 und VI ZR 239/22 (Pressemitteilung Nr. 7/2024) fortentwickelten Grundsätze zum Werkstattrisiko auf überhöhte Kostenansätze eines Sachverständigen übertragen, den der Geschädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat.

Sachverhalt:

Bei einem Verkehrsunfall, für den die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners dem Grunde nach voll haftet, wurde ein Pkw beschädigt. Dessen Halter beauftragte die Klägerin, Inhaberin eines Sachverständigenbüros, mit der Begutachtung seines verunfallten Pkw und trat gleichzeitig seine diesbezüglichen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Die Beklagte erstattete die Kosten für das Gutachten mit Ausnahme der von der Klägerin in Rechnung gestellten Position „Zuschlag Schutzmaßnahme Corona“ in Höhe von 20 €. Die Klägerin hat diese Rechnungsposition damit begründet, dass sie insbesondere Desinfektionsmittel, Einwegreinigungstücher und Einmalhandschuhe habe anschaffen müssen. Mit der Klage hat sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 20 € nebst Zinsen verlangt.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es war der Auffassung, dass eine „Corona-Pauschale“ von dem Sachverständigen nicht gesondert in Rechnung gestellt werden dürfe.

Entscheidung des Senats:

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Das Urteil des Berufungsgerichts wurde aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Dem Geschädigten stand dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens zu; denn er ist grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Dieser Anspruch ist durch die Abtretung auf das klagende Sachverständigenbüro übergegangen.

Auf gegebenenfalls überhöhte Kostenansätze eines Kfz-Sachverständigen sind die Grundsätze zum Werkstattrisiko, die der Senat in seinem Urteil vom 16. Januar 2024 – VI ZR 253/22 für überhöhte Kostenansätze einer Werkstatt für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs fortentwickelt hat, übertragbar. Denn den Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten sind nicht nur in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einer Reparaturwerkstatt, sondern auch in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einem Kfz-Sachverständigen Grenzen gesetzt, vor allem sobald er den Gutachtensauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände des Gutachters gegeben hat. Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger sind demnach auch diejenigen Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise unangemessen, mithin nicht zur Herstellung erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind. Bei einem Kfz-Sachverständigen, der sein Grundhonorar nicht nach Stunden, sondern nach Schadenshöhe berechnet, kommt ein für den Geschädigten nicht erkennbar überhöhter Ansatz beispielsweise auch dann in Betracht, wenn der Gutachter den Schaden unzutreffend zu hoch einschätzt. Diesbezügliche Mehraufwendungen sind dann ebenfalls ersatzfähig, ebenso Rechnungspositionen, die sich auf – für den Geschädigten nicht erkennbar – tatsächlich nicht durchgeführte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Begutachtung beziehen. Allerdings kann der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs die Abtretung gegebenenfalls bestehender Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen verlangen.

Die Anwendung der genannten Grundsätze zum Werkstattrisiko auf die Sachverständigenkosten setzt nicht voraus, dass der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Rechnung nicht beglichen hat, kann er – will er das Werkstattrisiko bzw. hier das Sachverständigenrisiko nicht selbst tragen – die Zahlung der Sachverständigenkosten allerdings nicht an sich, sondern nur an den Sachverständigen verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (dieses Risiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen. Es gelten auch insoweit dieselben Grundsätze wie für die Instandsetzung des beschädigten Fahrzeugs.

Hat sich der Sachverständige die Schadensersatzforderung des Geschädigten in Höhe der Honorarforderung abtreten lassen, kann er sich als Zessionar allerdings nicht auf das Sachverständigenrisiko berufen. Die diesbezüglich im Senatsurteil vom 16. Januar 2024 – VI ZR 239/22 entwickelten Grundsätze gelten entsprechend für den Sachverständigen.

Da im vorliegenden Fall die Klägerin (Inhaberin des Sachverständigenbüros) aus abgetretenem Recht des Geschädigten vorgeht, kann sie sich auf das Sachverständigenrisiko nicht berufen. Sie hat vielmehr darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die mit der Pauschale abgerechneten Corona-Schutzmaßnahmen tatsächlich durchgeführt wurden und objektiv erforderlich waren und dass die Pauschale auch ihrer Höhe nach nicht über das Erforderliche hinausgeht.

Bei der Beurteilung, ob die durchgeführten Corona-Schutzmaßnahmen objektiv erforderlich waren, ist zu berücksichtigen, dass einem Sachverständigen als Unternehmer gewisse Entscheidungsspielräume hinsichtlich seines individuellen Hygienekonzepts während der Corona-Pandemie zuzugestehen sind. Dabei geht es nicht nur um den Schutz des Sachverständigen und seiner Mitarbeiter vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus, sondern auch um den Schutz, den der Auftraggeber der jeweiligen Begutachtung während der Pandemie im Hinblick auf Maßnahmen, die in seinem Fahrzeug durchgeführt werden, üblicherweise bzw. aufgrund der Gepflogenheiten während der Pandemie erwarten darf; diesen Erwartungen zu entsprechen ist ein berechtigtes Anliegen des Sachverständigen. Es begegnet auch keinen grundsätzlichen Bedenken, dass die Klägerin die Corona-Pauschale gesondert berechnet hat. Einem Kfz-Sachverständigen steht es frei, neben einem Grundhonorar für seine eigentliche Sachverständigentätigkeit Nebenkosten, auch in Form von Pauschalen, für tatsächlich angefallene Aufwendungen abzurechnen. Die betriebswirtschaftliche Entscheidung, ob die für das Hygienekonzept in der Corona-Pandemie anfallenden Kosten gesondert ausgewiesen oder als interne Kosten in die Kalkulation des Grundhonorars „eingepreist“ werden, steht dabei grundsätzlich dem Sachverständigen als Unternehmer zu; es darf nur nicht beides kumulativ erfolgen.

Die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs finden Sie hier.

AG Nordhorn verurteilt Kfz-Haftpflichtversicherer zum Ersatz offener Mietwagenkosten

Die Geschädigte eines Verkehrsunfalls hat während der Reparaturdauer einen Mietwagen in Anspruch genommen. Der dafür gezahlte Preis erschien der in Anspruch genommenen Kfz-Haftpflichtversicherung zu hoch, so dass eine vollständige Regulierung der Mietwagenkosten verweigert wurde.

Es kam wie es immer kommt: Die Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN hat – diesmal vor dem Amtsgericht Nordhorn – die offenen Schadensersatzansprüche eingeklagt.

Mit Urteil vom 06.03.2024 verurteilte das AG Nordhorn (Az.: 3 C 834/23) den Versicherer zur Zahlung der eingeklagten Mietwagenkosten.

Das Gericht folgt der obergerichtlichen Rechtsprechung des OLG Celle und bemisst die Erforderlichkeit der Mietwagenkosten nach dem arithmetischen Mittel zwischen Schwacke-Automietpreisspiegel und Fraunhofer Erhebung.

Innerhalb des Schwacke-Automietpreisspiegels favorisiert das Gericht ebenfalls das arithmetische Mittel. Fachleute wissen, was damit gemeint ist. Im Urteil heißt es: „Das Gericht sieht das in der Schwacke-Liste genannte arithmetische Mittel als vorzugswürdiger gegenüber dem dort genannten Modus an, der die am häufigsten genannten Werte in den Vordergrund rückt (so auch OLG Celle, NJW-RR 2012, 802, 806). Dem Gericht scheint der Mittelwert ein geeigneterer Vergleichsmaßstab zu sein als der am häufigsten genannte Wert. Zudem stellt auch die Fraunhofer-Tabelle auf das arithmetische Mittel ab.“

Hinsichtlich der Berechnung einer über 3 Tage dauernden Anmietung stellt das Gericht zunächst die beiden unterschiedlichen Rechtsauffassungen dar. Nach einer Auffassung werde der höchste mögliche Bereich genommen und der fehlende Rest mit Einzeltagessätzen aufgefüllt. Das Gericht folgt allerdings der anderen Auffassung. Danach wird der höchstmögliche enthaltene Zeitraum (in diesem Fall also der Dreitageszeitraum) durch die enthaltenen Tage (in diesem Fall 3) dividiert und mit den Gesamttagen (in diesem Fall 4 Tage) multipliziert.

Einen Abzug für ersparte Eigenaufwendungen nimmt das AG Nordhorn nicht vor, weil ein klassentieferes Fahrzeug angemietet bzw. abgerechnet worden ist. Im Urteil heißt es: „Ein weiterer Abzug würde zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen (BGH Urteil vom 5.3.2013 in VI ZR 245/11).“

Ein Abzug wegen der Anmietung eines sogenannten Werkstattersatzwagens kam nicht in Betracht, weil es sich um ein Selbstfahrervermietfahrzeug handelte. Das deutet an, dass anderenfalls ein Abzug möglich gewesen wäre.

BGH: Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten und Werkstattrisiko

Bundesgerichtshof, Urteile vom 16. Januar 2024 – VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23

In insgesamt fünf Revisionsverfahren hat der Bundesgerichtshof am 16.01.2024 wegweisende Entscheidungen zur Erstattungsfähigkeit von Reparaturkosten nach Verkehrsunfällen und in diesem Zusammenhang zum sog. Werkstattrisiko getroffen.

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist berechtigt, sein beschädigtes Fahrzeug zur Reparatur in eine Werkstatt zu geben und vom Unfallverursacher den hierfür erforderlichen Geldbetrag zu verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB). Der BGH hat jetzt entschieden, wer in welchen Konstellationen das Risiko trägt, wenn der Unfallverursacher einwendet, die von der Werkstatt gestellte Rechnung sei überhöht (sog. Werkstattrisiko).

Schon nach bisheriger Rechtsprechung liegt das Werkstattrisiko grundsätzlich beim Schädiger. Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-) Verschulden trifft, so sind die dadurch anfallenden Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger deshalb auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen, mithin nicht erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind. In einem solchen Fall gegebenenfalls bestehende Ansprüche des Geschädigten gegen den Werkstattbetreiber spielen nur insoweit eine Rolle, als der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs deren Abtretung verlangen kann. Nicht erfasst vom Werkstattrisiko sind Reparaturen, die nur bei Gelegenheit der Instandsetzungsarbeiten mitausgeführt worden sind. Der Geschädigte trägt daher die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein und die Unfallbedingtheit der jeweiligen Fahrzeugschäden.

Der BGH hat nunmehr klargestellt (VI ZR 253/22), dass das Werkstattrisiko nicht nur für solche Rechnungspositionen greift, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Ansätze von Material oder Arbeitszeit überhöht sind. Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger sind vielmehr auch diejenigen Rechnungspositionen, die sich auf – für den Geschädigten nicht erkennbar – tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen. Denn auch insofern findet die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre statt. Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten.

Der BGH hat ferner entschieden (VI ZR 51/23), dass der Geschädigte bei Beauftragung einer Fachwerkstatt grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass diese keinen unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt. Er ist daher nicht gehalten, vor der Beauftragung der Fachwerkstatt zunächst ein Sachverständigengutachten einzuholen und den Reparaturauftrag auf dieser Grundlage zu erteilen. Aber auch wenn der Geschädigte ein Sachverständigengutachten einholt und die Auswahl des Sachverständigen der Werkstatt überlässt („Schadensservice aus einer Hand“), führt allein dies nicht zur Annahme eines Auswahl- oder Überwachungsverschuldens.

Die Anwendung der Grundsätze zum Werkstattrisiko setzt nicht voraus, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Reparaturrechnung nicht beglichen hat, kann er – will er das Werkstattrisiko nicht selbst tragen – die Zahlung der Reparaturkosten allerdings nicht an sich, sondern nur an die Werkstatt verlangen (VI ZR 253/22, VI ZR 266/22, VI ZR 51/23):

Hat der Geschädigte die Rechnung der Werkstatt nicht (vollständig) beglichen, ist nämlich zu berücksichtigen, dass ein Vorteilsausgleich durch Abtretung etwaiger Gegenansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt an den Schädiger aus Rechtsgründen nicht gelingen kann, wenn der Geschädigte auch nach Erhalt der Schadensersatzleistung vom Schädiger von der (Rest-)Zahlung an die Werkstatt absieht. Zugleich wäre der Geschädigte durch den Schadensersatz bereichert, wenn er vom Schädiger den vollen von der Werkstatt in Rechnung gestellten Betrag erhielte, gegenüber der Werkstatt aber die Zahlung eines Teilbetrages unter Berufung auf den insoweit fehlenden Vergütungsanspruch oder auf einen auf Freistellung gerichteten Gegenanspruch verweigerte. Demgegenüber wäre der Schädiger schlechter gestellt, als wenn er die Reparatur der beschädigten Sache selbst veranlasst hätte; denn im letzteren Fall hätte er als Vertragspartner der Werkstatt die Zahlung der zu hoch berechneten Vergütung verweigern können.

Aus diesem Grund kann der Geschädigte, der sich auf das Werkstattrisiko beruft, aber die Rechnung der Werkstatt noch nicht (vollständig) bezahlt hat, von dem Schädiger Zahlung des von der Werkstatt in Rechnung gestellten (Rest-)Honorars nur an die Werkstatt und nicht an sich selbst verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (das Werkstattrisiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt. Wählt der Geschädigte bei unbezahlter Rechnung hingegen Zahlung an sich selbst, so trägt er und nicht der Schädiger das Werkstattrisiko. Er hat dann im Schadensersatzprozess gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer gegebenenfalls zu beweisen, dass die abgerechneten Reparaturmaßnahmen tatsächlich durchgeführt wurden und dass die Reparaturkosten nicht etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt nicht erforderlich sind. Schließlich steht es dem Geschädigten im Rahmen von § 308 Abs. 1 ZPO frei, vom Schädiger statt Zahlung Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber der Werkstatt zu verlangen. In diesem Fall richtet sich sein Anspruch grundsätzlich und bis zur Grenze des Auswahl- und Überwachungsverschuldens danach, ob und in welcher Höhe er mit der Verbindlichkeit, die er gegenüber der Werkstatt eingegangen ist, beschwert ist. Es ist also die Berechtigung der Forderung, von der freizustellen ist, und damit die werkvertragliche Beziehung zwischen Geschädigtem und Werkstatt maßgeblich.

Schließlich hat der BGH entschieden (VI ZR 38/22, VI ZR 239/22), dass sich die Option des Geschädigten, sich auch bei unbeglichener Rechnung auf das Werkstattrisiko zu berufen, nicht im Wege der Abtretung auf Dritte übertragen lässt (Rechtsgedanke des § 399 BGB). Denn der Schädiger hat insoweit ein besonders schutzwürdiges Interesse daran, dass der Geschädigte sein Gläubiger bleibt. Allein im Verhältnis zu diesem ist nämlich die Durchführung des Vorteilsausgleichs in jedem Fall möglich, weil der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und die im Wege des Vorteilsausgleichs abzutretenden (etwaigen) Ansprüche gegen die Werkstatt in einer Hand (beim Geschädigten) liegen. Im Ergebnis trägt daher bei Geltendmachung des Anspruchs aus abgetretenem Recht stets der Zessionar das Werkstattrisiko.

Die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs finden Sie hier.

AG Münster spricht Leasingnehmer Schadensersatz zu

Für einen Unfallgeschädigten hat die Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN vor dem Amtsgericht Münster restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall eingeklagt. Das AG Münster verurteilte die beklagte Haftpflichtversicherung zur Zahlung von Schadensersatz (Urteil vom 05.12.2023, Az.: 61 C 1544/23).

Geschädigt war ein Leasingfahrzeug. Der Geschädigte hat aufgrund der zugrundeliegenden Leasingbedingungen sowie einer ausdrücklichen Ermächtigung des Leasinggebers die Ansprüche im eigenen Namen geltend gemacht. Die Haftung dem Grunde nach war unstreitig.

Die verklagte Kfz-Haftpflichtversicherung meinte, der Kläger sei nicht prozessführungsbefugt. Das sah das Gericht deutlich anders und schloss sich der Argumentation des Klägers an. Abgesehen davon, dass bei einer stillen Zession bereits regelmäßig davon auszugehen sei, dass der Zedent ermächtigt ist, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen, liege zudem auch ein ausdrückliches Ermächtigungsschreiben des Leasinggebers vor.

Nach den Grundsätzen des sog. Werkstattrisikos bestehe ein Anspruch auf Ersatz der von der Kfz-Werkstatt berechneten Reparaturkosten – so das Gericht weiter. Dem stand auch nicht entgegen, dass der Kläger vorprozessual eine Reparaturkosten-Übernahmebestätigung unterzeichnet habe. Denn eine vertragsmäßige Vereinbarung zwischen Haftpflichtversicherer und Leasingnehmer über die Beschränkung eines Anspruchs der Leasinggeberin stelle eine unzulässige Verkürzung der Rechtsposition eines Dritten dar. Im Übrigen richte sich die Erklärung in dieser Hinsicht ihrem Aufbau und Wortlaut nach allein an die Werkstatt, gibt dieser zu erkennen, mit welchem Zahlungsausgleich sie seitens des Haftpflichtversicherers rechnen könne. Sie beinhalte aber keinen Erklärungswert für das Verhältnis zwischen beklagter Versicherung und Geschädigtem. Einzig der in dem Formular darunter folgende Teil (Einverständnis mit der Auszahlung an die Werkstatt) richte sich an den Kläger und sei von ihm unterzeichnet worden. Eine vertragsgemäß Beschränkung des Ersatzanspruchs der Höhe nach in dem hier maßgeblichen Schuldverhältnis sei damit nicht verbunden.

Richtig rund wäre das Urteil gewesen, wenn das Gericht die Tatsache berücksichtigt hätte, dass der Geschädigte die Reparaturkosten vor seiner Klage selbst an die Kfz-Werkstatt bezahlt hat.

AG Münster verurteilt Kfz-Haftpflichtversicherer zu Schadensersatz

Für den Geschädigten eines Verkehrsunfalls hat die Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN restliche Schadensersatzansprüche eingeklagt, nachdem die Haftpflichtversicherung des Schädigers unter Berufung auf einen sog. „Prüfbericht“ eine vollständige Schadenregulierung ablehnte.

Das Amtsgericht Münster hat die Versicherung mit Urteil vom 16.08.2023 (Az.: 3 C 234/23) zur Zahlung restlicher Schadensersatzansprüche verurteilt.

Wenn der Geschädigte zur Feststellung des Schadens ein Kfz-Schadengutachten einholt und auf Basis dieses Gutachtens die Reparatur des Fahrzeugs veranlasst, ergibt sich ein Anspruch auf Ersatz des Schadens, wenn die tatsächlichen Reparaturkosten die vom Sachverständigen kalkulierten Kosten nicht wesentlich übersteigen.

Aus den Gründen:

„Auf eine Zahlung der Rechnung kommt es nicht an. Der Kläger hat zudem nachgewiesen, den noch ausstehenden Differenzbetrag an die Reparaturwerkstatt überwiesen zu haben. Dass dies in Kenntnis des von der Beklagten eingeholten Prüfberichts erfolgt ist, ist ohne Bedeutung. Aus diesem musste der Kläger nicht schließen, dass die Reparaturrechnung falsch war. Es handelt sich bei dem Prüfbericht lediglich um Einwendungen des Beklagten.

[…]

Der Anspruch ist nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile herausgegeben werden, welche der Kläger erlangt hat. Grund hierfür ist ein dem allgemeinen Schadensersatzrecht innewohnender Anspruch auf Ausgleich erlangter Vorteile. Dementsprechend war der Beklagte nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ersatzansprüche verpflichtet. Hierfür bedurfte es weder eines Antrags noch einer Einrede des Beklagten.“

Letzteres kann man so sehen, ist aber nicht zwingend. Die daraus folgende Teilabweisung der Klage führte allerdings nicht zu einer Kostenquote, weil die Außerachtlassung der Zug-um-Zug-Verpflichtung im Klageantrag lediglich eine unwesentliche Zuvielforderung i. S. d. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO darstellte.

OLG Hamm: Bagatellgrenze bleibt bei 715,81 €

Nach einem Verkehrsunfall ist der Geschädigte berechtigt, den Schaden an seinem Fahrzeug durch einen unabhängigen Kfz-Sachverständigen ermitteln zu lassen. Eine unabhängige und vollständige Beweissicherung über Umfang und Höhe des Schadens gewährleistet, dass dem Geschädigten alle ihm zustehenden Schadensersatzansprüche in vollem Umfang von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers erstattet werden.

Die Kosten des Kfz-Schadengutachtens trägt bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall in der Regel die Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers, sofern die Begutachtung zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erforderlich und zweckmäßig ist.

Die geltenden Grundsätze hat das Oberlandesgericht Hamm in einem aktuellen Urteil (vom 28.06.2022, Az. I-7 U 45/21) wie folgt zusammengefasst:

„Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (BGH Urt. v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03, NJW 2005, 356 [unter II. 5 a].). Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte. Insoweit ist nicht alleine darauf abzustellen, ob die durch die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen bestimmten Betrag überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht, denn zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters ist dem Geschädigten diese Höhe gerade nicht bekannt. Allerdings kann der später ermittelte Schadensumfang im Rahmen tatrichterlicher Würdigung nach § 287 ZPO oft ein Gesichtspunkt für die Beurteilung sein, ob eine Begutachtung tatsächlich erforderlich war oder ob nicht möglicherweise andere, kostengünstigere Schätzungen wie beispielsweise ein Kostenvoranschlag eines Reparaturbetriebs ausgereicht hätten (BGH Urt. v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03, NJW 2005, 356 [unter II. 5 b]).

Nach diesen Grundsätzen liegt ein Bagatellschaden, welcher die Einholung eines Sachverständigengutachtens als nicht erforderlich erscheinen lassen würde, nicht vor. Auf das Unfallgeschehen sind – wie ausgeführt – Kontaktspuren am lackierten Heckstoßfänger im Bereich des linken Rückstrahlers sowie das Lösen der Kantenschutzleiste am Klägerfahrzeug zurückzuführen, deren Instandsetzung Brutto-Reparaturkosten in Höhe von 1.018,43 EUR erforderlich machte, weshalb bereits betragsmäßig kein Bagatellschaden ersichtlich ist (vgl. BGH Urt. v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03, NJW 2005, 356 [unter II. 5 c], wonach bei Überschreitung einer Schadenshöhe von 1.400,00 DM / 715,81 EUR kein Bagatellschaden vorliegt). Hinzu kommt, dass zum einen für die Lackierung eines Stoßfängers auch nach Kenntnis eines Laien erhebliche Kosten anfallen können und zum anderen bei entsprechenden Schäden aus Sicht eines Laien nicht ausgeschlossen werden kann, dass darüber hinaus durch den Unfall weitere – unter der Stoßstange verborgene – Schäden entstanden sind. Hiernach durfte der Kläger die Einholung eines Sachverständigengutachtens für geboten erachten.“

Mit der Entscheidung hat das OLG Hamm der jüngst aufgeflammten Diskussion, ob die sog. Bagatellgrenze angepasst werden muss, eine Absage erteilt.

Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen zu coronabedingten Desinfektionskosten

Für einen Unfallgeschädigten hat die Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN vor dem Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen coronabedingte Desinfektionskosten eingeklagt, nachdem zuvor die in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung eine Zahlung abgelehnt hat.

Das Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen (Urteil vom 12.04.2022, Az.: 7 C 505/21) schätzt die nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Desinfektionskosten auf pauschal 25,00 € netto, mithin 29,75 € brutto.

Die Grundsätze des sog. Werkstattrisikos sieht das Gericht nicht als erfüllt an, weil die Desinfektionskosten nicht als unmittelbarer Bestandteil der Reparaturkosten anzusehen seien. Vielmehr handele es sich um eine eigenständige Leistung ohne unmittelbaren Zusammenhang zur technischen Durchführung der Reparatur.

Leider verkennt das Gericht, dass die erforderlichen Desinfektionskosten bereits Gegenstand des zuvor eingeholten Kfz-Schadengutachtens waren und der Reparaturauftrag an die Werkstatt auf Grundlage und nach Maßgabe des Kfz-Schadengutachtens erteilt worden ist. Der Geschädigte durfte sich daher auf das Werkstattrisiko berufen.

BGH: Kein Ersatz der Umsatzsteuer bei Teilreparatur

Lässt der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall sein beschädigtes Fahrzeug nur teilweise zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit reparieren, hat er keinen Anspruch auf Ersatz der (teilweise) angefallenen Umsatzsteuer.

Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadenabrechnung insoweit unzulässig ist.

Der Leitsatz des Urteils vom 05.04.2022 (Az.: VI ZR 7/21) lautet:

„Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, kann er den Ersatz von Umsatzsteuer nicht verlangen. Dies gilt auch dann, wenn im Rahmen einer durchgeführten Reparatur tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist. Eine Kombination fiktiver und konkreter Schadensberechnung ist insoweit nicht zulässig (hier: Teilreparatur zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit des Unfallfahrzeugs).“

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall verschiedene Möglichkeiten der Schadenabrechnung: Die konkrete Schadensabrechnung knüpft an eine tatsächlich durchgeführte Reparatur oder Ersatzbeschaffung an und zielt auf Ersatz der hierfür konkret angefallenen Kosten ab. Demgegenüber ist bei der fiktiven Abrechnung der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln. Der Geschädigte, der aufgrund seiner Dispositionsfreiheit in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei und deshalb nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen vorzutragen, disponiert hier dahin, dass er sich mit einer Schadensberechnung auf einer abstrahierten Grundlage zufriedengibt

Im Falle einer fiktiven Schadenabrechnung kann der Geschädigte allerdings den Ersatz von Umsatzsteuer nicht beanspruchen. Die Umsatzsteuer bleibt nicht nur dann fiktiv in diesem Sinne, wenn es nicht zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung kommt; sie bleibt es vielmehr auch dann, wenn der Geschädigte zwar tatsächlich eine Restitutionsmaßnahme veranlasst, diese Maßnahme aber nicht zur Grundlage seiner Abrechnung macht, sondern seinen Schaden fiktiv und damit ohne Bezug zu den tatsächlich getätigten Aufwendungen auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abrechnet.

AG Coburg: Keine Kostenquote trotz Zug-um-Zug-Verurteilung

Diesmal hat die Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN für einen Geschädigten restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall beim Heimatgericht des Versicherers geltend gemacht.

Die grundsätzliche Haftung des Unfallverursachers bzw. der dahinterstehenden Haftpflichtversicherung stand außer Streit. Gegenstand des Rechtsstreits waren restliche Verbringungskosten nach erfolgter Kürzung.

Im Rahmen der Klageerwiderung erkannte der Versicherer die geltend gemachten Ansprüche an, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Regressansprüche gegen die Reparaturwerkstatt. Die Rechtsanwälte des Versicherers machten geltend, dass der Kläger einen Teil der Prozesskosten selbst tragen müsse, weil er sich vorgerichtlich geweigert habe, eine Abtretungserklärung zu unterzeichnen. Das war aber nicht richtig. Vorgerichtlich war keine Abtretung von Schadensersatzansprüchen verlangt worden. Die Versicherung begehrte vielmehr die Vorlage der Lackierrechnung, auf die er aber keinen Anspruch hat.

Kurz und knackig verurteilte das Amtsgericht Coburg (Urteil vom 02.02.2022, Az.: 12 C 3982/21) den Versicherer des Geschädigten zur Zahlung restlicher Verbringungskosten Zug um Zug gegen Abtretung möglicher Schadensersatzansprüche gegen die Kfz-Werkstatt.

Zur Kostenquote heißt es im Urteil: „Die Verurteilung der Beklagten gemäß ihrem Hilfsbegehren führt dabei nicht zu einer Veränderung der Kostenquote. Denn hierbei handelt es sich nur um einen wertmäßig nicht zu berücksichtigenden Nebenanspruch im Zusammenhang der Schadensregulierung (AG Kassel, Urteil vom 08.02.2018 – 435 C 4137/17). § 93 ZPO findet vorliegend keine Anwendung, die Beklagte hat zur Klageerhebung Anlass gegeben und erstmals nach Klageerhebung eine Abtretung vom Kläger verlangt.“

Amtsgericht Düsseldorf urteilt zu Verbringungskosten

Der Geschädigte hat nach einem Verkehrsunfall ein Kfz-Schadengutachten eingeholt und aufgrund dieses Gutachtens die Reparatur seines beschädigten Fahrzeugs in Auftrag gegeben.

Da die Kfz-Werkstatt nicht über eine eigene Lackiererei verfügt, musste das Fahrzeug zum Lackieren und wieder zurück in die Werkstatt gebracht werden. Für diesen Transport entstehen Verbringungskosten.

Der in Anspruch genommene Versicherer meinte einmal mehr, diese Kosten nicht vollständig bezahlen zu müssen. Wie so oft war eine Klage notwendig, um die gekürzten Verbringungskosten ersetzt zu bekommen.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 16.02.2022 (Az.: 10c C 342/21) entschieden, dass dem Geschädigten diese Verbringungskosten zustehen. Eine vom Kfz-Versicherer begehrte Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Abtretung möglicher Schadensersatzansprüche gegen die Werkstatt wies das Gericht zurück.

Im Urteil heißt es:

„Der Kläger hat durch die Vorlag der Rechnung des Autohauses […] dargelegt, dass diese Verbringungskosten tatsächlich […] angefallen sind. Die Verbringungskosten wurden weiterhin auch in dieser Höhe vom Privatgutachter des Klägers, dem von der IHK Nord-Westfalen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen […] in gleicher Höhe kalkuliert.

Die Indizwirkung der Rechnung ist nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte vor der klägerischen Zahlung der hier noch streitgegenständlichen 41,65 € Einwendungen gegen die Höhe der Verbringungskosten erhoben hat. Die Indizwirkung entsteht schon durch die Vorlage der Rechnung. Würde man der Rechtsansicht der Beklagten folgen, hätte diese es in der Hand, die Indizwirkung durch Einwendungen vor Zahlung der Rechnung zu beseitigen, sollte der jeweils Geschädigte die Rechnung nicht schon zuvor aus eigener Tasche beglichen haben. […]

Die zulässige Hilfswiderklage ist nicht begründet. Selbst wenn unterstellt wird, dass die Haftpflichtversicherung die Abtretung von Schadensersatzansprüchen des Geschädigten gegenüber der Werkstatt hat, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen, dass dem Kläger solche Schadensersatzansprüche gegen die Kfz-Werkstatt zustehen.“

Praxistipp: Kfz-Versicherer kürzen nach einem Verkehrsunfall systematisch Schadensersatzansprüche von Geschädigten. Oftmals erfolgt die Kürzung unter Zuhilfenahme eines sog. „Prüfberichts“, der eine sachverständige Überprüfung durch ein neutrales Institut vorgaukeln soll. Wichtig ist zu wissen, dass diese Prüfgesellschaften im Auftrag und nach Weisung der jeweiligen Versicherer arbeiten. Viele Gerichte haben dies mittlerweile erkannt und verurteilen Kfz-Versicherer regelmäßig zur Zahlung der offenen Restbeträge.

Lassen Sie sich nach einem Verkehrsunfall nicht ausbremsen. Beauftragen Sie unverzüglich einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung Ihrer Schadensersatzansprüche.