AG Münster spricht Leasingnehmer Schadensersatz zu

Für einen Unfallgeschädigten hat die Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN vor dem Amtsgericht Münster restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall eingeklagt. Das AG Münster verurteilte die beklagte Haftpflichtversicherung zur Zahlung von Schadensersatz (Urteil vom 05.12.2023, Az.: 61 C 1544/23).

Geschädigt war ein Leasingfahrzeug. Der Geschädigte hat aufgrund der zugrundeliegenden Leasingbedingungen sowie einer ausdrücklichen Ermächtigung des Leasinggebers die Ansprüche im eigenen Namen geltend gemacht. Die Haftung dem Grunde nach war unstreitig.

Die verklagte Kfz-Haftpflichtversicherung meinte, der Kläger sei nicht prozessführungsbefugt. Das sah das Gericht deutlich anders und schloss sich der Argumentation des Klägers an. Abgesehen davon, dass bei einer stillen Zession bereits regelmäßig davon auszugehen sei, dass der Zedent ermächtigt ist, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen, liege zudem auch ein ausdrückliches Ermächtigungsschreiben des Leasinggebers vor.

Nach den Grundsätzen des sog. Werkstattrisikos bestehe ein Anspruch auf Ersatz der von der Kfz-Werkstatt berechneten Reparaturkosten – so das Gericht weiter. Dem stand auch nicht entgegen, dass der Kläger vorprozessual eine Reparaturkosten-Übernahmebestätigung unterzeichnet habe. Denn eine vertragsmäßige Vereinbarung zwischen Haftpflichtversicherer und Leasingnehmer über die Beschränkung eines Anspruchs der Leasinggeberin stelle eine unzulässige Verkürzung der Rechtsposition eines Dritten dar. Im Übrigen richte sich die Erklärung in dieser Hinsicht ihrem Aufbau und Wortlaut nach allein an die Werkstatt, gibt dieser zu erkennen, mit welchem Zahlungsausgleich sie seitens des Haftpflichtversicherers rechnen könne. Sie beinhalte aber keinen Erklärungswert für das Verhältnis zwischen beklagter Versicherung und Geschädigtem. Einzig der in dem Formular darunter folgende Teil (Einverständnis mit der Auszahlung an die Werkstatt) richte sich an den Kläger und sei von ihm unterzeichnet worden. Eine vertragsgemäß Beschränkung des Ersatzanspruchs der Höhe nach in dem hier maßgeblichen Schuldverhältnis sei damit nicht verbunden.

Richtig rund wäre das Urteil gewesen, wenn das Gericht die Tatsache berücksichtigt hätte, dass der Geschädigte die Reparaturkosten vor seiner Klage selbst an die Kfz-Werkstatt bezahlt hat.

AG Münster verurteilt Kfz-Haftpflichtversicherer zu Schadensersatz

Für den Geschädigten eines Verkehrsunfalls hat die Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN restliche Schadensersatzansprüche eingeklagt, nachdem die Haftpflichtversicherung des Schädigers unter Berufung auf einen sog. „Prüfbericht“ eine vollständige Schadenregulierung ablehnte.

Das Amtsgericht Münster hat die Versicherung mit Urteil vom 16.08.2023 (Az.: 3 C 234/23) zur Zahlung restlicher Schadensersatzansprüche verurteilt.

Wenn der Geschädigte zur Feststellung des Schadens ein Kfz-Schadengutachten einholt und auf Basis dieses Gutachtens die Reparatur des Fahrzeugs veranlasst, ergibt sich ein Anspruch auf Ersatz des Schadens, wenn die tatsächlichen Reparaturkosten die vom Sachverständigen kalkulierten Kosten nicht wesentlich übersteigen.

Aus den Gründen:

„Auf eine Zahlung der Rechnung kommt es nicht an. Der Kläger hat zudem nachgewiesen, den noch ausstehenden Differenzbetrag an die Reparaturwerkstatt überwiesen zu haben. Dass dies in Kenntnis des von der Beklagten eingeholten Prüfberichts erfolgt ist, ist ohne Bedeutung. Aus diesem musste der Kläger nicht schließen, dass die Reparaturrechnung falsch war. Es handelt sich bei dem Prüfbericht lediglich um Einwendungen des Beklagten.

[…]

Der Anspruch ist nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile herausgegeben werden, welche der Kläger erlangt hat. Grund hierfür ist ein dem allgemeinen Schadensersatzrecht innewohnender Anspruch auf Ausgleich erlangter Vorteile. Dementsprechend war der Beklagte nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ersatzansprüche verpflichtet. Hierfür bedurfte es weder eines Antrags noch einer Einrede des Beklagten.“

Letzteres kann man so sehen, ist aber nicht zwingend. Die daraus folgende Teilabweisung der Klage führte allerdings nicht zu einer Kostenquote, weil die Außerachtlassung der Zug-um-Zug-Verpflichtung im Klageantrag lediglich eine unwesentliche Zuvielforderung i. S. d. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO darstellte.

Amtsgericht Nordhorn: Verbringungskosten und Covid-19-Desinfektionskosten sind erstattungsfähig

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall in Nordhorn hat der Geschädigte ein Kfz-Schadengutachten in Auftrag gegeben, um den Schaden an seinem Fahrzeug feststellen zu lassen. Auf Grundlage der Schadenfeststellung des Gutachters hat er eine Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt in Auftrag gegeben.

Wie so häufig kürzte der auf Schadenersatz in Anspruch genommene Kfz-Haftpflichtversicherer die berechtigten Schadensersatzansprüche des Geschädigten, so dass die Restforderung vor dem Amtsgericht Nordhorn gerichtlich geltend gemacht werden musste.

In diesem Rechtsstreit ging es um restliche Schadensersatzansprüche in Form von Verbringungskosten, also den Transportkosten zwischen Werkstatt und Lackiererei, sowie notwendige Kosten für Desinfektionsmaßnahmen in Folge der Covid-19-Pandemie.

Mit Urteil vom 12.01.2022 (Az.: 3 C 776/21) verurteilte das AG Nordhorn den Kfz-Versicherer zur Zahlung der offenen Beträge.

Im Urteil heißt es:

„Nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen hat der Schädiger das Risiko einer fehlerhaften oder unangemessenen Reparatur der vom Geschädigten beauftragten Werkstatt zu tragen. Zwar darf der Geschädigte das Interesse des Schädigers an einer Geringhaltung des Schadens nicht ausblenden. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit i. S d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist jedoch zu berücksichtigen, dass den Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten Grenzen gesetzt sind. Sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Unfallfahrzeug in die Hände von Fachleuten gegeben hat, kann ihm ein unsachgemäßes oder unwirtschaftliches Arbeiten nicht zum Nachteil gereichen. Es liefe dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zuwider, wenn dem Geschädigten die Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung zur Last gelegt würden, obwohl deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist und auf ein von ihm nicht kontrollierbares Verhalten der Werkstatt beruht. […]

Im Streitfall ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der Kläger ein Sachverständigengutachten zur Beurteilung des Schadens eingeholt hat. Auf die Richtigkeit eines solchen Gutachtens darf der Geschädigte i. d. R. vertrauen, soweit nicht ein vor Reparaturbeginn vorgelegtes Gegengutachten ernsthafte Zweifel erweckt.

Nach diesen Maßstäben sind die Verbringungs- und Hygienekosten ersatzfähig. Die angegriffenen Positionen sind sowohl im Gutachten als auch in der Reparaturrechnung aufgeführt; die prognostizierten und abgerechneten Kosten stimmen überein. Der Einwand der Beklagten, die Verbringungs- und Desinfektionskosten seien nicht erforderlich, ist mithin unerheblich. […]

Ungeachtet dessen bestehen keine Zweifel daran, dass die Hygienekosten adäquat kausal auf den Unfall zurückzuführen sind. In Zeiten einer globalen Pandemie ist für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbar, dass seitens der Werkstatt besondere Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt werden mussten. […]“

Der Geschädigte musste lediglich zugestehen, dass dem Versicherer eine Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Schadensersatzansprüche des Versicherers gegen die Werkstatt eingeräumt wurde.

Fiktive Abrechnung nach Verkehrsunfall

Für einen Unfallgeschädigten hat die Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall geltend gemacht.

Der Geschädigte hat sich dazu entschlossen, das Fahrzeug nicht reparieren zu lassen. Stattdessen erfolgte – was üblich und möglich ist – eine fiktive Abrechnung auf Basis des Kfz-Schadengutachtens.

Der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Kfz-Haftpflichtversicherer mit Sitz in Münster regulierte einen Teilbetrag und meinte im Übrigen, dass Schadenpositionen, wie UPE-Aufschläge, Verbringungskosten, Beilackierungskosten und die sog. Kleinteilepauschale nur zu ersetzen seien, wenn auch tatsächlich repariert wird.

Der Hinweis darauf, dass der Bundesgerichtshof dies anders sieht, verhallte ungehört. Dieser hat zuletzt mit Urteil vom 25.09.2018 (Az.: VI ZR 65/18) seine ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach Ersatzteilaufschläge und Verbringungskosten erstattungsfähig sind, wenn sie bei einer Reparatur in der ortsansässigen Fachwerkstatt anfallen würden. Auf die Frage, ob sie tatsächlich „angefallen“ oder „nicht angefallen“ sind, kommt es nicht an (ständige Rspr., vgl. auch BGH, Urteil vom 19.02.2013, Az.: VI ZR 401/12). Gleiches gilt für Beilackierungskosten, also Lackierarbeiten zur Angleichung des Farbtons an die Umgebungslackierung (BGH, Urteil vom 17.09.2019, Az.: VI ZR 396/18).

Unter Hinweis auf diese schadensersatzrechtlichen Grundsätze hat das Amtsgericht Tecklenburg den Kfz-Haftpflichtversicherer nun mit Urteil vom 07.01.2021 (Az.: 13 C 209/19) zur Zahlung offener Restbeträge verurteilt.

Praxistipp: Die Abwicklung von Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall gehört in die Hände eines erfahrenen Fachanwalts für Verkehrsrecht.