Arbeitsrecht: Änderungen im Nachweisgesetz

Der deutsche Gesetzgeber hat sich mal wieder eine Menge Zeit bei der Umsetzung einer EU-Richtlinie gelassen. Bereits am 31.07.2019 trat die EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union in Kraft. Sie ist bis zum 31.07.2022 in nationales Recht umzusetzen. Nun hat der deutsche Gesetzgeber gehandelt. Die Neuregelungen treten am 01.08.2022 in Kraft.

Bereits nach den bisher geltenden Regelungen des Nachweisgesetzes sind Arbeitgeber verpflichtet, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen.

Die Neuregelung sieht weitreichende Änderungen bzw. Ergänzungen der bestehenden Nachweispflichten vor. Sie betreffen sowohl Neuverträge als auch Altverträge, die vor dem 31.07.2022 abgeschlossen wurden.

Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Welche Inhalte in die Niederschrift aufzunehmen sind, ergibt sich aus § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG.

Insoweit ist zu beachten, dass mit „schriftlich“ die Schriftform nach § 126 Abs.1 BGB gemeint ist. D. h., die Niederschrift muss vom Arbeitgeber eigenhändig unterschrieben und dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Ein Nachweis in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

  1. der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
  2. der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
  3. bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
  4. der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann,
  5. eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
  6. sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
  7. die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
  8. die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
  9. bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:
  10. die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
  11. die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
  12. der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
  13. die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
  14. sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
  15. die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
  16. ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung,
  17. wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
  18. das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden,
  19. ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.

Diese Aufzählung entspricht dem Stand des Gesetzes am 01.08.2022.

Neu ist, dass die Angaben nach zu Nummer 1, 7 und 8 schon am ersten Tag der Arbeitsleistung auszuhändigen sind. Dabei handelt es sich um die Namen und Anschriften der Vertragsparteien, die Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts sowie die vereinbarte Arbeitszeit.

Weitere Angaben, wie Nummer 2 bis 6, 9 und 10 sind spätestens am sieben Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Die übrigen Angaben nach Satz 2 sind spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.

§ 2 Abs. 4 NachwG sieht vor, dass die Angaben teilweise durch einen Hinweis auf Tarifverträge bzw. Betriebs- oder Dienstvereinbarungen ersetzt werden können.

Wenn zwischen den Parteien ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, entfällt die Verpflichtung zum Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen, soweit der Arbeitsvertrag diese Angaben enthält. Vor diesem Hintergrund besteht für Arbeitgeber die Verpflichtung, ihre Arbeitsvertragsmuster an die neue Gesetzeslage anzupassen.

Eine Anpassung der Arbeitsvertragsmuster ist auch deshalb notwendig, um einem drohenden Bußgeld aus dem Weg zu gehen. Ab dem 01.08.2022 sind in § 4 NachwG neue Bußgeldvorschriften normiert, sofern der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen aus dem Nachweisgesetz nicht nachkommt. Verstöße gegen das Nachweisgesetz können mit einer Geldbuße bis zu 2.000 Euro geahndet werden.

Die verschärften Regelungen des Nachweisgesetzes gelten für alle Neueinstellungen ab dem 01.08.2022. Eine Übergangsvorschrift in § 5 NachwG sieht für vor dem 01.08.2022 abgeschlossene Arbeitsverträge vor, dass Arbeitnehmern auf Verlangen spätestens am siebten Tag nach Zustand der Aufforderung beim Arbeitgeber eine Niederschrift mit Angaben nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nummer 1 bis 10 auszuhändigen ist. Die weiteren Angaben sind dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen.

Selbstverständlich brauchen nur Punkte aufgelistet werden, von denen das Arbeitsverhältnis auch tatsächlich betroffen ist. Es ist z. B. nicht notwendig, Angaben zum Schichtbetrieb vorzunehmen, wenn keine Schichtarbeit vereinbart wurde.

Praxistipp: Arbeitgeber sind gut beraten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen und eine den Anforderungen des Nachweisgesetzes entsprechende Aufstellung der wesentlichen Arbeitsbedingungen vorzuhalten. Ferner sind Arbeitsvertragsmuster an die neue Rechtslage anzupassen. Das dürfte insbesondere gelten für die Ergänzung für das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren. Eine derartige Regelung dürfte bislang in den wenigsten Vertragsmustern enthalten sein.