Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis

Das deutsche Urlaubsrecht befindet sich seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2009 („Schultz-Hoff“) im Wandel. Nach dieser Entscheidung verliert ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nicht, wenn er diesen Urlaub aus Krankheitsgründen nicht antreten kann. Vielmehr ist der nicht genommene Urlaub abzugelten.

Seitdem haben deutsche Arbeitsgerichte ihre Rechtsprechung stetig angepasst und es gilt: Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann, ist abzugelten.

Diese Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung ist jetzt um eine Facette reicher: Endet das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers, haben dessen Erben einen Anspruch auf Abgeltung des von dem verstorbenen Arbeitnehmer nicht genommenen Urlaubs. Das ergibt sich aus einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.01.2019 (Az.: 9 AZR 45/16).  

Das Bundesarbeitsgericht hat erneut auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs reagiert und seine Rechtsprechung angepasst. Der Gerichtshof der Europäischen Union hatte zuvor entschieden, dass der durch Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) gewährleistete Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis untergehen darf, ohne dass ein Anspruch auf finanzielle Vergütung für diesen Urlaub besteht, der im Wege der Erbfolge auf den Rechtsnachfolger des Arbeitnehmers überzugehen hat (EuGH 6. November 2018 – C-569/16 und C-570/16 – [Bauer und Willmeroth]).

Die nach dem europäischen Unionsrecht gebotene Auslegung von §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG ergibt, dass der Resturlaub auch dann abzugelten ist, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Die Vergütungskomponente des Anspruchs auf den vor dem Tod nicht mehr genommenen Jahresurlaub wird als Bestandteil des Vermögens Teil der Erbmasse. Der Abgeltungsanspruch der Erben umfasst dabei nicht nur den Anspruch auf den gesetzlichen Erholungsurlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG von 24 Werktagen, sondern auch den Anspruch auf etwaigen Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen sowie gegebenenfalls darüber hinaus geregelte vertragliche Urlaubsansprüche.

Die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts finden Sie hier.