Bei einem Verkehrsunfall in Rheine ist das Fahrzeug der
Geschädigten beschädigt worden. Sie hat ein Kfz-Schadengutachten in Auftrag gegeben
und auf Grundlage der Schadenfeststellung des Gutachters eine Reparatur in
Auftrag gegeben.
Es folgt, was zur Zeit immer folgt: Der Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers kürzt die berechtigten Schadensersatzansprüche der Geschädigten. Zudem meint er, die vom Gutachter ermittelte Wertminderung des Fahrzeugs sei überhöht.
Mit Hilfe der Rechtsanwaltskanzlei BARGMANN hat die Geschädigte Klage erhoben. Das Amtsgericht Rheine hat die in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung zur vollständigen Zahlung verurteilt.
Hier einige Auszüge aus dem Urteil des AG Rheine vom 24.09.2019
(Az.: 10 C 177/19):
„Im Rahmen der
subjektbezogenen Schadenbetrachtung liegen die Darlegungslast sowie gegebenenfalls
der Beweis der Erforderlichkeit auf Seiten des Geschädigten. Dieser
Darlegungslast hat die Klägerin genügt.
Der Geschädigte kann
seiner Darlegungslast durch die Vorlage einer Rechnung nachkommen, wodurch der
Schädiger sich nicht auf ein einfaches Bestreiten zurückziehen kann, um die
Schadenshöhe in Zweifel zu ziehen. Lässt die Geschädigte das Fahrzeug
tatsächlich reparieren, so sind die durch eine Reparaturrechnung der Werkstatt
belegten Aufwendungen im Allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit
der Reparaturkosten. Dabei ist nicht der vom Sachverständigen ausgewiesene
Rechnungsbetrag als solcher, sondern allein der vom Geschädigten in
Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung
tatsächlich erbrachte Aufwand Anhaltspunkt zur Bestimmung des zur Herstellung
erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.“
Das Gericht hat offengelassen, ob nur der bezahlten Rechnung
eine Indizwirkung zukommt, weil die Geschädigte vorgerichtlich bereits den
offenen Restbetrag der Reparaturkosten selbst bezahlt und dem Gericht die
Zahlung nachgewiesen hatte. Auch die Tatsache, dass die Geschädigte den Restbetrag
erst nach Vorlage eines sog. „Prüfberichts“ gezahlt hatte, schadete nicht. Dazu
das AG Rheine:
„Die Klägerin musste
auch nicht wegen der auf den Prüfbericht gestützten Regulierungsverweigerung
des Beklagten die Richtigkeit der Rechnung in Frage stellen, zumal sie vorher
ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen
eingeholt hatte, das dieselben Kosten ausweist, wie in der Rechnung aufgeführt.
Auch ist es nicht Aufgabe […] der Klägerin, sich auf eine möglicherweise
aufwendige Auseinandersetzung mit der Reparaturwerkstatt wegen eines relativ
geringen Teils (vorliegend weniger als 1 %) der Rechnung einzulassen.“
Zur Wertminderung heißt es:
„Die Höhe der Wertminderung ist nach § 287 ZPO vom Tatrichter frei zu schätzen, wobei es keine allgemein anerkannte Schätzungsmethode gibt. Zwar wird in der Praxis überwiegend die Methode nach Ruhkopf/Sahm angewendet. Den besonderen Bedingungen des Einzelfalls ist jedoch Rechnung zu tragen. Daher dürfte einer fundiert begründeten, auf Grundlage der besonderen Einzelfallumstände getroffenen Schätzung des merkantilen Minderwerts durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Kfz-Sachverständigen gegenüber lediglich tabellarischen Berechnungsmethoden der Vorzug zu geben sein, da nur in diesem Fall sämtliche relevante Kriterien wie Fahrleistung, Alter und Zustand des Unfallfahrzeugs, Art des Schadens, gegebenenfalls Vorschäden, Anzahl der Vorbesitzer und evtl. Wertverbesserungen durch die Reparatur sowie die konjunkturelle Lage auf dem Automarkt jeweils mit dem für den Einzelfall maßgeblichen Gewicht angemessen berücksichtigt werden können. […] Berücksichtigung fand bei der Ermittlung des Minderwertes u. a. auch das Wertminderungsmodell des BVSK. Die Berücksichtigung einer solchen Berechnungsmethode ist zulässig. Insbesondere hat der beauftragte Sachverständige jedoch, im Vergleich zum Beklagten, der sich auf die Marktrelevanz- und Faktorenmethode (MFM) stützt, das Fahrzeug auch konkret in Augenschein genommen und nach seiner sachverständigen Einschätzung überprüft. Anhaltspunkte, an den Feststellung des Sachverständigen zu zweifeln bzw. berechtigte Einwände zur Feststellung des merkantilen Minderwertes waren nicht ersichtlich.“